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Prozessoptimierung durch automatisierte Vorlagenerstellung in der OZG-Cloud

Landeshauptstadt Kiel erstellt Bescheide, wie am Fließband ...

Getreu dem Motto „Einfache Verwaltungsprozesse für Bürger:innen und Verwaltung“ setzt die schleswig-holsteinische Landeshauptstadt Kiel auf die automatisierte Bescheiderstellung über das Vorlagenmanagementsystem SmartDocuments.



Das 2017 in Kraft getretene Onlinezugangsgesetz (OZG) war der Startschuss für einen nachhaltigen Wandel der Öffentlichen Verwaltung. Das OZG fokussierte sich in seiner Ausrichtung auf die Bedürfnisse von Bürger:innen und Unternehmen. Dementsprechend war die Vorgabe, bis Ende 2022 sämtliche Verwaltungsleistungen online zur Verfügung zu stellen. Die gesetzliche Aufgabe galt dabei als erfüllt, wenn der Antragsprozess digitalisiert ist. Schnell wurde klar, dass es sich hierbei um ein sehr sportliches Ziel handelt, denn auch heute 2024 stehen noch nicht bundesweit alle Verwaltungsleistungen digital zur Verfügung. Grund hierfür: Das OZG betrachtete ausschließlich den Prozess der Antragstellung, jedoch nicht vor- oder nachgelagerte Prozesse. Um einen wirklichen Mehrwert für alle Beteiligten; Bürger:innen, Unternehmen aber auch Verwaltungsmitarbeiter:innen zu schaffen, müssen Prozesse vollständig analysiert und digitalisiert werden. Das nimmt bei insgesamt 575 Verwaltungsleistungen deutlich mehr Zeit in Anspruch. So wird uns das Thema Verwaltungsmodernisierung noch eine ganze Weile begleiten. Dennoch gibt es bereits heute zahlreiche Best-Practice-Beispiele, in denen eine vollständig automatisierte (falls nicht anders möglich, auch teilautomatisierte) digitale Antragsabwicklung umgesetzt wurde.

Der Landeshauptstadt Kiel ist die Zufriedenheit der Bürger:innen mit den städtischen Dienstleistungen sehr wichtig. Gleichzeitig wird jedoch auch großen Wert darauf gelegt, die eigenen Mitarbeiter:innen zu entlasten. „Die reine Bereitstellung von Online-Formularen macht vielleicht die ein- oder andere Bürger:in glücklich, aber wenn die Sachbearbeitung im Hintergrund dadurch mehr Aufgaben hat oder deutlich länger für die eigentliche Bearbeitung des Antrags benötigt, sind am Ende des Tages wieder beide Parteien frustriert“, stellt Christoph Steuber, eGovernment-Manager der Stadt Kiel, klar. „Das Ziel: Einfache Prozesse für Bürger:innen und Verwaltung“. Um das zu erreichen hat die Landeshauptstadt Kiel die Stabstelle Digitalisierung ins Leben gerufen. Getreu dem Motto „Neues einfach machen!“ treibt Kiel den digitalen Wandel in unterschiedlichen Formaten voran.

So beteiligte sich die schleswig-holsteinische Landeshauptstadt selbstverständlich auch am sogenannten Landeshackathon 2022 sowie 2023. Bei einem Hackathon handelt es sich um ein meist mehrtägiges Event, bei dem, während der Dauer versucht wird (gemeinsam mit Hersteller:innen, IT-Expert:innen, Fachexpert:innen, etc.) innovative, kreative und nützliche Softwareprodukte und Lösungen für vorgegebene Herausforderungen zu finden. Im Rahmen des ersten OZG-Verwaltungshackathon Schleswig-Holstein konnte Kiel bereits 46 digitale Anträge für die Stadtverwaltung entwickeln. Während der Fokus im Juli 2022 auf der Gestaltung von Onlinediensten lag, sprich die Sicht der Bürger:innen in Form von intelligenten Antragsassistenten verbessert wurde, stand im September 2023 die Abarbeitung der Anträge im Mittelpunkt. Ziel des zweiten SH:digital Hackathons war es daher, über Online-Anträge hinaus, den gesamten Verwaltungsprozess vollständig zu digitalisieren.

Bei der Frage: „Was kann automatisiert werden?“ beziehungsweise „Was erfordert die meiste Handarbeit?“ wurde das Paradebeispiel schnell gefunden: „Mobiles Haltverbot“. Die Kieler Straßenverkehrsbehörde besteht aus vier Mitarbeiter:innen. Für den Onlinedienst „Mobiles Haltverbot“ gehen jährlich etwa 7.000 Anträge ein, Tendenz steigend. Die Abarbeitungszeit pro Antrag betrug bisher etwa sieben bis zehn Minuten. Das Erstellen der Bescheide war äußerst aufwendig: Datenübernahme, Stempel, Unterschrift, das ganze einscannen und per E-Mail an die antragstellende Person zurücksenden. Die Lösung: Ein digitaler Bescheid muss her, am besten komplett vollautomatisiert. Gesagt, getan. Der neue Verwaltungsprozess läuft nun wie folgt ab: Die antragstellende Person meldet sich mit dem eigenen Account beim Service-Konto Schleswig-Holstein an und stellt den Online-Antrag auf „Mobiles Haltverbot“. Nachdem der Antrag abgesendet wurde, landet dieser im Posteingang des Fachverfahrens „Alfa“ innerhalb der OZG-Cloud. Im Anschluss folgt die Prüfung auf Vollständigkeit sowie Richtigkeit. Bei fehlenden Unterlagen wird die antragstellende Person über das Servicekonto informiert, sodass diese online nachgereicht werden können. Diese Prüfung ist derzeit seitens der Fachabteilung noch gewünscht, kann in einem weiteren Schritt jedoch auch entfallen. Sind alle Angaben und Unterlagen vollständig und korrekt, wird per Knopfdruck der Bescheid erstellt und wieder in das Postfach des Servicekontos der antragstellenden Person zurückgespielt.



Für die Umsetzung des digitalen Verwaltungsprozesses kommen die Komponenten OZG-Cloud, die Allgemeine Fachanwendung (Alfa), das Antragsmanagement Form-Solutions sowie das Vorlagenmanagementsystem SmartDocuments zum Einsatz. Die OZG-Cloud ist eine verwaltungsseitige IT-Systemlandschaft für Kommunen und öffentlich-rechtliche Körperschaften oder Anstalten. Sie wurde von Kommunen initial ins Leben gerufen und wird seit 2022 mit einer breiten Initiative des Landes Schleswig-Holstein, des ITV.SH, den schleswig-holsteinischen Kommunen und der Projektleitung von Dataport vorangetrieben. Die OZG-Cloud ist für eine medienbruchfreie und digitale Sachbearbeitung von Verwaltungsleistungen (OZG) konzipiert. Sie besteht aus einer webbasierten Allgemeinen Fachanwendung (Alfa), die in einer Cloud-Umgebung läuft. Mit Alfa können Kommunen sowie öffentlich-rechtliche Körperschaften und Anstalten Anträge aber auch Anfragen von Bürger:innen und Unternehmen mit digital gestützten Workflows einfach bearbeiten.

Die mit dem Antragsassistent eingereichten Daten werden durch die Fachanwendung Alfa weiterverarbeitet und via Webservice-Schnittstelle an SmartDocuments übergeben. Über das zentrale Vorlagenmanagementsystem wird im Hintergrund die Vorlage für den Bescheid des „Mobilen Haltverbots“ aufgerufen. Diese wird mit den erforderlichen Daten aus der Fachanwendung befüllt, der Bescheid generiert und an die Fachanwendung Alfa zurückgespielt.

Mit dem neuen vollautomatisierten Prozess wird pro Antrag nur noch knapp eine Minute Bearbeitungszeit benötigt. Das bedeutet, eine Zeitersparnis von etwa vier Monaten pro Jahr. Die Straßenverkehrsbehörde sieht das als Chance, sich zeitraubende Standardarbeiten vom Hals zu halten und sich lieber aufwendigeren, komplexeren Themen und Projekten zu widmen. Mit dem Erfolg des ersten vollautomatisierten Prozesses ließ die Umsetzung weiterer Szenarien nicht lange auf sich warten. Neben zahlreichen internen Prozessen wird derzeit an der Verkehrsrechtlichen Anordnung, dem Begleitschreiben für die Urkundenbestellung sowie dem Wohnberechtigungsschein gearbeitet. „Die Bescheiderstellung läuft bei uns wie am Fließband. Wir blicken optimistisch in die Zukunft und freuen uns, unseren Kolleg:innen die Arbeit jeden Tag ein bisschen einfacher zu machen“, schließt Christoph Steuber ab.

Autor:innen

  • Frederike Harder, eGovernment-Managerin der Landeshauptstadt Kiel
  • Juliane Buch, Marketing & PR SmartDocuments Deutschland GmbH

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